Ärzte und Heilberufler haben wie andere Unternehmer gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen, die mit dem Betrieb ihrer Praxis verbunden sind. Diese umfassen nicht nur Patientenunterlagen, sondern auch steuerlich relevante betriebliche Dokumente. Die steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten und -fristen ermöglichen es dem Finanzamt, die Buchführung zu überprüfen. Im Falle einer Betriebsprüfung, die oft erst Jahre nach dem Besteuerungszeitraum erfolgt, muss nachgewiesen werden, dass die Betriebsausgaben betrieblich veranlasst und die Einnahmen vollständig erfasst wurden.

Gesetzliche Grundlagen

Die steuerrechtlichen Anforderungen zur Aufbewahrungspflicht sind in § 147 AO geregelt. Daneben gibt es weitere Aufbewahrungspflichten, etwa aus dem Umsatzsteuerrecht (§§ 14b, 22 UStG), dem Einkommensteuerrecht, dem Körperschaftsteuerrecht sowie dem Arbeits- und Sozialrecht. Auch für Lohnkonten existieren spezielle Fristen nach § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG.

Die Aufbewahrungsfristen für ärztliche Unterlagen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Ähnliche Bestimmungen finden sich in der Musterberufsordnung (MBO) und dem Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä).

Aufbewahrungspflichten: Was muss aufbewahrt werden?

Folgende Unterlagen sind aufzubewahren:

  1. Berufsspezifische ärztliche Unterlagen
    Diese dienen der Dokumentation der ärztlichen Tätigkeit sowie als Nachweis ordnungsgemäßer Abrechnungen. Dazu zählen:

    • Arztbriefe
    • Verordnungen
    • Patientenakten
    • Untersuchungs- und Laborbefunde
    • Röntgen-/Strahlenbehandlungsaufzeichnungen
    • AU-Bescheinigungen
    • Überweisungsscheine
    • Ersatzverfahren
    • Abrechnungsscheine
  2. Allgemeine Geschäftsunterlagen / steuerlich relevante Dokumente
    Zur Prüfung der Buchführung sind neben Jahresabschlüssen auch weitere betriebliche Unterlagen aufzubewahren, etwa:

    • Jahresabschlüsse
    • Eingangsrechnungen
    • Kontoauszüge
    • Kassenbücher
    • Steuererklärungen und -bescheide
    • interne betriebliche Aufzeichnungen
    • Fahrtenbücher
    • Kopien aller Ausgangsrechnungen
    • Lohn- und Gehaltslisten, Lohnsteuerjahresausgleichsunterlagen, Urlaubslisten, Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen
  3. Sozialversicherungsunterlagen
    Für jeden Mitarbeiter sind Lohnunterlagen zu führen, die mindestens alle vier Jahre von der Rentenversicherung geprüft werden. Diese Unterlagen müssen für eine Sozialversicherungsprüfung bereitgehalten werden, darunter:

    • Lohnunterlagen
    • Beitragsabrechnungen und -nachweise für die Sozialversicherungen
    • Prüfberichte der Finanzverwaltung
    • Unterlagen zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe

Auch E-Mails, die als Handels- oder Geschäftsbrief oder als Buchungsbeleg gelten, müssen in elektronischer Form aufbewahrt werden. Wenn eine E-Mail lediglich eine elektronische Rechnung enthält und keine weiteren aufbewahrungspflichtigen Informationen, entfällt die Aufbewahrungspflicht.

Aufbewahrungsfristen

Steuerpflichtige verstoßen gegen ihre Aufbewahrungspflichten, wenn sie Buchführungs- oder andere Dokumente vor Ablauf der gesetzlichen Fristen vernichten. Diese Fristen sind jedoch nicht einheitlich. In der Regel gilt eine Aufbewahrungsfrist von 6 oder 10 Jahren, abhängig von der Art der Dokumente. Für bestimmte Dokumente, etwa im Umsatzsteuerrecht, gibt es kürzere Fristen von 2 Jahren. Ärztliche Unterlagen sind in der Regel 10 Jahre aufzubewahren, in Einzelfällen auch länger, etwa bei Komplikationen oder chronischen Erkrankungen.

Eine Übersicht der Aufbewahrungsfristen:

  • 1 Jahr: AU-Bescheinigungen, Überweisungsscheine
  • 5 Jahre: Jugendgesundheitsuntersuchungen
  • 6 Jahre: Geschäftsbriefe, Verträge, Versicherungspolicen
  • 10 Jahre: Jahresabschlüsse, Steuererklärungen, Arztbriefe, Patientenakten
  • 30 Jahre: Urteile, Mahnbescheide, Prozessakten
  • Unbefristet: ärztliche Gutachten, Ausbildungsurkunden

Ärzte sollten Patientenakten aus haftungsrechtlichen Gründen möglichst 30 Jahre aufbewahren. Haftungsansprüche können im Einzelfall bis zu 30 Jahre geltend gemacht werden.

Verletzung der Aufbewahrungsfristen

Eine Verletzung der Aufbewahrungsfristen kann dazu führen, dass die Buchführung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dies gibt der Finanzbehörde das Recht zur Schätzung der Besteuerungsgrundlage oder zur Verhängung von Bußgeldern. Auch in einem Arzt-Haftungsprozess kann es nachteilig sein, wenn die Patientenakte nicht vollständig aufbewahrt wurde.

Für die Entscheidung über die Aufbewahrungsdauer gilt folgende Faustregel: Dienten die Unterlagen als Grundlage für Buchungen, gilt eine Frist von 10 Jahren, in anderen Fällen 6 Jahre. Im Zweifelsfall sollte die längere Frist gewählt werden oder der steuerliche Berater hinzugezogen werden.

Berechnung der Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die letzten Eintragungen oder Buchungen vorgenommen wurden. Wird beispielsweise ein Jahresabschluss für 2020 erst 2021 erstellt, beginnt die 10-jährige Frist erst ab Ende 2021. Bei Ablaufhemmungen, etwa aufgrund von Außenprüfungen oder Rechtsbehelfsverfahren, verlängert sich die Aufbewahrungsfrist.

Archivierung und digitale Speicherung

Der Steuerpflichtige ist dafür verantwortlich, dass alle relevanten Unterlagen über die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist gesichert sind. Der Ort der Aufbewahrung kann frei gewählt werden, solange er in Deutschland liegt. Eine Verlagerung ins Ausland ist auf Antrag möglich. Elektronische Dokumente müssen revisionssicher archiviert und unverändert aufbewahrt werden.

Rechnungen und Belege auf Thermopapier sollten kopiert werden, da sie schnell verblassen. Ausgedruckte digitale Dokumente, wie etwa Online-Kontoauszüge, erfüllen die Aufbewahrungspflicht nicht. Diese müssen im Original elektronisch aufbewahrt werden.

Auch für gescannte Papierdokumente gelten spezielle Vorschriften. Eine Verfahrensdokumentation muss die Digitalisierung und Archivierung nachweisen. Der gesamte digitale Prozess muss über die Aufbewahrungsfrist hinweg nachvollziehbar bleiben.

Speichermedien sind oft kurzlebig, daher sollten sie nicht als langfristige Lösung betrachtet werden. Lassen Sie sich im Zweifelsfall von Ihrem steuerlichen Berater zu sicheren Speichermethoden beraten.

Praxisaufgabe oder Praxisübergabe

Auch bei der Aufgabe einer Praxis müssen Unterlagen weiterhin aufbewahrt oder an eine vertrauenswürdige Stelle übergeben werden. Bei der Weitergabe an einen Praxisnachfolger ist das schriftliche Einverständnis der Patienten erforderlich. Verstirbt ein Arzt, sind die Erben für die Aufbewahrung der Unterlagen verantwortlich.