Wenn die Gesellschafter einer GmbH vereinbart haben, dass bestimmte Einzahlungen in die Kapitalrücklage individuell einem Gesellschafter zugeordnet werden, und dann bei einer Kapitalerhöhung die gesamte Kapitalrücklage auf alle Gesellschafter entsprechend ihren Anteilen verteilt wird, kann dies zu einer Schenkung führen. Dies passiert, wenn der Gesellschafter, der die Einzahlungen gemacht hat, auf einen angemessenen Ausgleich verzichtet.

Hintergrund

Der Kläger, sein Vater V und sein Bruder B gründeten am 27. Juni 2006 eine GmbH mit einem Stammkapital von 27.000 EUR, das sie zu gleichen Teilen aufbrachten.
Am 15. November 2012 beschlossen sie, das Stammkapital auf 554.500 EUR zu erhöhen. Nur der Kläger und B durften die neuen Anteile übernehmen, indem sie Beteiligungen an anderen Gesellschaften einbrachten, die ihnen V zuvor unentgeltlich übertragen hatte.
Dadurch sank Vs Anteil von 33,33 % auf 1,62 %, während die Anteile des Klägers und Bs auf jeweils 49,19 % stiegen.
Um Vs Wertverlust auszugleichen, vereinbarten sie, dass die Kapitalrücklage der GmbH unter ihnen aufgeteilt wird.
Das Finanzamt sah dies als gemischte Schenkung an und setzte Schenkungsteuer fest. Vs Einspruch wurde teilweise abgelehnt, aber die Klage dagegen war erfolgreich.
Das Finanzgericht (FG) entschied, dass die Zuwendung nicht der Schenkungsteuer unterlag, da sie auf Einlagen beruhte, die im Einlagezeitpunkt nicht schenkungsteuerpflichtig waren.
Die Kapitalerhöhung führte zu einer Umverteilung der stillen Reserven von den alten auf die neuen Anteile, was laut Rechtsprechung zu einer Substanzabspaltung führt. Die Einlage stellte Eigenkapital der GmbH dar, das der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern gehörte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der BFH entschied, dass der Forderungsverzicht von V im Rahmen der Kapitalerhöhung der GmbH eine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) darstellt.
Das FG hatte fälschlicherweise angenommen, dass der Verzicht von V auf einen vollen Wertausgleich keine Bereicherung der Mitgesellschafter darstellt, da die Kapitalrücklage gemäß den Beteiligungsquoten verteilt wurde. Der BFH stellte klar, dass eine von den Beteiligungsquoten abweichende Zuordnung der Kapitalrücklage zivilrechtlich zulässig und steuerrechtlich anerkannt werden kann. Die Kapitalrücklage ist Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft und gehört der Gesellschaft, nicht den Gesellschaftern. Eine gesellschafterbezogene Zuordnung der Kapitalrücklage ist jedoch möglich und kann steuerrechtlich anerkannt werden.
Wenn ein Gesellschafter auf einen Ausgleich für die von ihm erbrachte Kapitalrücklage verzichtet, kann dies eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung darstellen. In diesem Fall hat V durch seinen Verzicht auf einen Ausgleich eine freigebige Zuwendung an die Mitgesellschafter bewirkt. Das Finanzamt hat die Schenkungsteuer korrekt festgesetzt.